Predigt zu 1. Timotheus 1:12-17
Ich
danke unserm Herrn Christus Jesus, der mich stark gemacht und
für treu erachtet hat und in das Amt eingesetzt 13 mich,
der ich früher ein Lästerer und ein Verfolger und ein Frevler
war; aber mir ist Barmherzigkeit widerfahren, denn ich habe es
unwissend getan, im Unglauben. 14 Es
ist aber desto reicher geworden die Gnade unseres Herrn samt dem
Glauben und der Liebe, die in Christus Jesus ist. 15 Das
ist gewisslich wahr und ein Wort, des Glaubens wert, dass
Christus Jesus in die Welt gekommen ist, die Sünder selig zu
machen, unter denen ich der erste bin. 16 Aber
darum ist mir Barmherzigkeit widerfahren, dass Christus Jesus an
mir als Erstem alle Geduld erweise, zum Vorbild denen, die an ihn
glauben sollten zum ewigen Leben. 17 Aber
Gott, dem ewigen König, dem Unvergänglichen und Unsichtbaren,
der allein Gott ist, sei Ehre und Preis in Ewigkeit! Amen.
Liebe Gemeinde,
Ich danke unserem Herrn Christus Jesus.
Da schreibt einer einen Brief an den
Leiter einer christlichen Gemeinde. Eine Menge gibt es da zu
sagen, denn das Gemeindeleben ist gefährdet. Meinungen sind
unterwegs, die den Grund des Glaubens bedrohen. Die Gemeinde ist
jung und noch nicht gefestigt. Und auch der Gemeindeleiter ist
noch jung und unerfahren.
Bei allen Ermahnungen, bei aller
Bestätigung dessen, was der Glaube an Jesus Christus bedeutet
und was ihn bedroht: zuerst wird gedankt.
Ich danke unserem Herrn Christus Jesus,
der mich stark gemacht und für treu erachtet hat und in das Amt
eingesetzt.
Es gibt eine Menge zu danken.
Manche Situationen laden dazu ein,
zurückzuschauen.
Wie ist mein Leben geworden?
Was habe ich erlebt und wie bin ich da
hingekommen, wo ich jetzt bin?
Es spielt keine Rolle, ob man dabei auf
60 Jahre oder 15 Jahre zurückschaut.
Immer wird es Anlässe geben, zu staunen
und Anlässe, zu danken.
Und es musste keineswegs so kommen.
Es hätte auch ganz anders werden können
und ich hätte mich weder wundern, noch beschweren müssen.
Jetzt darf ich hier sein, gesichert und
gesund.
Darf inmitten dieser Gemeinde
Gottesdienst feiern,
darf den Jugendchor hören und mit allen
zusammen singen.
Darf das Evangelium hören und beten.
Ja, ich darf öffentlich anderen von dem
erzählen, was Jesus Christus zu sagen hat.
Eine Botschaft, die guttut.
Eine Botschaft, die in dieser Welt ganz
schön fremd ist.
Denn auf einmal bekommt der Mensch nicht
mehr, was er verdient.
Auf einmal ist das Urteil der Menschen
nicht mehr wirklich wichtig.
Der Wert des Menschen bemisst sich nicht
an dem, was ihm gelingt oder woran er scheitert.
Sein Wert besteht darin, dass Jesus
Christus uns Gottes offenes Herz zeigt und erleben lässt.
So ist Gott, sagt Jesus Christus, und
lässt es die Menschen erleben.
So ist Gott, sagt Jesus Christus, und
sein offenes Herz meint dich.
Mit deinem Leben und deiner Geschichte,
mit deinen Sorgen und deinen Hoffnungen,
mit deinen schönen Erfahrungen und
deinen Sünden.
Ach, Sünde, was für ein großes Wort.
Und fremd geworden, oder verniedlicht.
Heruntergewirtschaftet auf die
Straßenverkehrsordnung, auf falsche Ernährung, auf Alkohol.
Oder benutzt, um Menschen ein Etikett
aufzukleben, sie in eine Schublade zu stecken.
Das ist gewisslich wahr und ein Wort des
Glaubens wert, dass Christus Jesus in die Welt gekommen ist, die
Sünder selig zu machen, unter denen ich der erste bin.
Jesus ist in die Welt gekommen und fängt
in Galiläa damit an, die Sünder selig zu machen nicht
die Gerechten, wie er selber sagt.
Sünder und Gerechte, das waren klar
definierte Personengruppen. So habe ich es bei Prof. Zimmer aus
Ludwigsburg lernen dürfen. Es waren in Galiläa zurzeit Jesu
nicht einfach alle Menschen Sünder. Jedes Kind wusste, wo im
Dorf die Gerechten wohnen und wo die Sünder wohnen. Die wohnen
nicht vermischt, sondern deutlich getrennt.
Sünder zu sein ist eine Frage des Berufs;
das sind die Menschen, die ihr Geld auf eine Art und Weise
verdienen, die nicht mit dem Willen Gottes übereinstimmt. Ein
Sünder sündigt berufsmäßig, er sündigt notorisch.
Wer z.B. mit der römischen
Besatzungsmacht zusammenarbeitet, also an der Unterdrückung des
Volkes Israel verdient, ist ein Sünder.
Gerber sind Sünder, denn sie kommen
ständig mit Tierleichen zusammen. Auch Geldverleiher sind
Sünder, denn sie nehmen Zinsen dafür und das widerspricht dem
Gesetz Gottes. Wer von Berufs wegen Geld verleiht, sündigt
notorisch, der ist ein Sünder.
Auch ein Gastwirt ist ein Sünder, denn
kein anständiger Mensch geht jemals in ein Wirtshaus.
Und wenn eine Frau Sünderin ist, dann
ist sie in aller Regel eine Prostituierte.
Sünder zu sein und so genannt zu werden,
und jeder im Dorf weiß das, spricht einem Menschen seinen Platz
in der Gesellschaft zu. Mit denen hat man keinen Kontakt, mit
denen redet man nicht. Sonst verliert man seine Werte und
verwahrlost. Das will ja niemand.
Und wenn jemand diese Trennung nicht
achtet, dann verliert er selbst sein Ansehen und seinen Platz in
der Gesellschaft der Gerechten.
Das alles ist klar und verständlich,
für alle sichtbar geregelt. Man ist, wo man hingehört und man
kommt da nicht raus.
Festgelegt auf seine Sünde. Ohne Zukunft,
ohne Chance.
Das ist gewisslich wahr und ein Wort des
Glaubens wert, dass Christus Jesus in die Welt gekommen ist, die
Sünder selig zu machen, unter denen ich der erste bin.
Unsere niedlichen Vorstellungen von
Sünde, zu schnell gefahren zu sein, ein Bier zu viel getrunken,
ein Stück Torte zu viel gegessen zu haben, reichen da nicht
heran.
Dafür hätte Christus Jesus nicht in
diese Welt kommen müssen. Das hätten wir schon selbst
hingekriegt, mit guten Ärzten und Beratern zu mehr Verantwortung
für den eigenen Körper und das Leben der Anderen.
Aber Sünder selig machen?
Sie herauszuholen, worauf sie für immer
festgelegt sind?
Und dabei den eigenen Platz bei den
Gerechten verlieren?
Ich danke unserem Herrn Christus Jesus.
Denn er ist barmherzig. Er schenkt mir
etwas, was ich niemals hätte erreichen können. Ich gehöre
nicht zu den Gerechten. Ich scheitere am Willen Gottes, immer
wieder. Mir steht der Platz nicht zu, den ich habe.
Ob ich der erste bin, wie Paulus von sich
sagt, das interessiert mich nicht. Seine Geschichte ist nicht
meine. Und deine ist es auch nicht.
Keiner von uns nennt sich selbst einen
Lästerer oder Verfolger der Christen oder einen Frevler.
Nein, wir gehören ja dazu und es ist uns
wichtig, dass es Kirche gibt und wir dazugehören.
Und doch gibt es neben den Anlässen, zu
danken, auch immer wieder Anlässe, von sich selbst überrascht
zu sein. Wenn wir an unserem Verhalten entdecken, wie wenig das
eigene Leben und der Wille zusammenpassen, als würden sie an
getrennten Orten leben und ein Kontakt ausgeschlossen sein.
Als ob ich nicht wüsste, was wirklich
wichtig ist.
Dass die frohe Botschaft von Jesus
Christus Leben sichert, ihm eine Zukunft gibt.
Dass seine Liebe allein uns herausnimmt
aus dem Kampf, etwas leisten und gewinnen zu müssen.
Dass menschliche Urteile über andere
keine Rolle spielen; weder, was andere über mich denken
und es trifft mich dann doch noch, was ich über andere
denke. Und wie gern beteilige ich mich daran, über andere zu
reden und sie zu verurteilen. Tut ja gut, von einem scheinbar
gesicherten Platz der Rechtschaffenheit aus.
Wie schnell glauben gerade wir zu wissen,
wer gut und wer böse ist, wer sündigt und wer gläubig ist, wer
drinnen und wer draußen ist.
Aber darum ist mir Barmherzigkeit
widerfahren, dass Christus Jesus an mir als erstem alle Geduld
erweise.
Gott sei Dank. Da hat einer Geduld mit
mir. Wie gut. Mit mir muss man auch Geduld haben. Sonst kann es
nichts werden. Sonst bin ich festgelegt auf das, was man mit mir
und an mir erlebt.
Seine Geduld lässt mich leben.
Seine Geduld macht Sünder selig.
Ich danke unserem Herrn Christus Jesus.
Denn keiner von uns hat seinen Platz am
Tisch des Herrn, weil es ihm zusteht.
Er macht uns stark, er
erachtet uns für treu, er gibt uns hier einen Platz.
Ob wir von der Kanzel aus reden, von der
Orgelbank aus musizieren, von hier vorne aus singen, in der Bank
singen, beten, zuhören.
Es ist seine Barmherzigkeit. Nichts sonst.
Gott, dem ewigen König, dem
Unvergänglichen und Unsichtbaren, der allein Gott ist, sei Ehre
und Preis in Ewigkeit. Amen.