Die Liebe Gottes, die Gnade Jesu Christi und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns allen.

Liebe Gemeinde,

der erste Advent ist da. Die erste Kerze am Adventskranz brennt. Wir bereiten uns auf Weihnachten vor. Wie es in diesem Jahr sein wird, weiß niemand. Es kommt etwas Unbekanntes auf uns zu. Wir alle müssen Entscheidungen treffen, wie wir feiern werden. Wir müssen abwägen, mit wem und wie wir Weihnachten feiern wollen. Und für wen was gefährlich sein könnte. Manche von Ihnen haben das schon entschieden, andere überlegen noch. Für uns als Kirche ist noch vieles unklar. Im Advent kommt etwas Unbekanntes
auf uns zu. Das verunsichert und  es nervt.

Aber ist es wirklich so anders als sonst?

Wir leben immer mit vielen Unsicherheiten. Und was an Weihnachten passieren würde, war immer unklar. Man wusste nicht, ob den anderen die eigenen Geschenke gefallen. Man wusste meistens nicht, was man selbst geschenkt bekommt, ob das Essen gelingt, und wie es allen Beteiligten gehen wird. Und über all diesen Fragen trat früher wie heute die Weihnachtsbotschaft zurück. Vielleicht gelingt es uns heute uns einmal auf die Botschaft von Weihnachten zu konzentrieren. Deshalb lese ich jetzt

Sacharja 9,9-10, eine sehr alte Hoffnungsbotschaft aus schwierigen Zeiten.

Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze!
Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet
auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin. Denn ich will die Wagen
vernichten in Ephraim und die Rosse in Jerusalem, und der Kriegsbogen soll
zerbrochen werden. Denn er wird Frieden gebieten den Völkern, und seine
Herrschaft wird sein von einem Meer bis zum andern und vom Strom bis an die
Enden der Erde.

Frieden, das Ende aller militärischen Herrschaft, ein Herrscher, der es nicht auf unseren Besitz abgesehen hat. Frieden von einem Meer zum anderen bis an die Enden der Erde. Was für eine gewaltige Vision.

Oder doch völliger Blödsinn? Die Ausgaben für die Bundeswehr sind in den letzten Jahren um 30% gestiegen und sie sollen noch weiter steigen. Frieden und das Ende aller Rüstung, ist das einfach eine illusionäre Hoffnung, die nie eintreten wird?

Ein gerechter Herrscher, demütig und nicht auf Reichtum aus. Wie soll so etwas möglich sein?

Nein, ich rechne nicht mit dem vollständigen Weltfrieden in den nächsten Jahren und damit, dass Jesus Christus die Herrschaft hier auf Erden übernimmt und dann alles super läuft.

Aber ganz so unsinnig finde ich dieses Hoffnungsbild des Propheten Sacharja jetzt auch nicht.

Erstens singen wird jedes Jahr am 1. Advent diesen Text: Tochter Zion freue dich, jauchze laut Jerusalem. Sieh dein König kommt zu dir, ja er kommt der Friedefürst.  Gründe nun dein ewig Reich, ewig steht dein Friedensthron. Gegrüßet seist du König mild.

Und in der Melodie von Friedrich Händel schwingt der Triumph dieser Hoffnung mit.

Nein, wir haben noch keinen Weltfrieden. Aber wir sind ihm deutlich näher gekommen. Wir haben zumindest weitgehend Frieden in Europa. Wir haben die Uno. Wir haben den internationalen Gerichtshof und wir haben den Wunsch in den Herzen der Menschen, dass Frieden herrschen möge. Das ist schon ziemlich viel.

Und wir haben eine demokratisch gewählte Regierung, die keine Kriege führen möchte und sich um Vermittlung in internationalen Konflikten bemüht. Das ist toll. So etwas gab es nicht oft in der deutschen Geschichte. Wir haben seit 75 Jahren keinen Krieg mehr hier. Und alle finden das gut. Und was immer man gegen unsere Regierung sagen kann, bei uns regiert niemand, weil er selbst Millionen scheffeln will. Und auch das ist hier ganz schön anders als an
anderen Orten in der Welt.

Auch wenn wir nicht hoffen können, dass der umfassende Weltfrieden kurz bevor steht, sollten wir doch wertschätzen, was wir schon erreicht haben. Und ich denke, dass diese alten Texte unseres Glaubens mit dazu beigetragen haben, dass wir heute soweit sind, wie wir sind. Sie haben uns geholfen, Frieden für möglich zu halten. Sie haben in uns die Hoffnung geweckt, dass wir den kriegsführenden Herrschenden nicht hilflos ausgeliefert sind. Sie haben dazu beigetragen, dass wir Frieden für einen wichtiges Ziel der Politik halten.

Ja, und wenn sogar unsere Politikerinnen und Politiker sich um Frieden bis
zu den Enden der Erde bemühen, könnten wir uns ihnen für unsere eigenen
Machtbereiche doch ruhig anschließen.

Überlegen Sie doch einmal: Was ist ihr eigener Machtbereich? Wessen
Verhalten können Sie beeinflussen? Und wie könnte Frieden in ihrer Umgebung
aussehen? Das ist gar nicht so einfach zu sagen – oder? Das einzige Verhalten, auf das ich ernsthaft Einfluss habe, ist mein eigenes. Und was kann das schon Gutes bewirken?

Meine Frau und ich waren lange Zeit recht aktiv im Kindergottesdienst. Wir haben bestimmt viele Kinder mit der biblischen Botschaft erreicht. Nur wissen wir es nicht. Wir hoffen, dass die Saat aufgeht. Das liegt in Gottes Händen.

Oder ich erinnere mich an Menschen, die mir begegnet sind. Die mir in aller Kürze etwas gesagt haben. Das waren kurze Begegnungen, die mich dennoch geprägt haben.

Was ich mit diesen Beispielen sagen will ist: Wir alle können etwas bewirken bzw. wir wirken. Und wir müssen es noch nicht einmal merken, wenn wir anderen etwas Wichtiges mitgeben, was deren Leben am Ende prägen wird. Wir alle tragen ein klein wenig und vielleicht sogar ganz viel zum Frieden in der Welt bei, indem wir ganz unabsichtlich anderen Menschen
gute Botschaften schicken. Der Friede fängt bei Dir und mir an.

Und wir wissen nie, was das alles, was wir schon ermutigendes gesagt und
getan haben, wirken wird. Unser Einfluss auf diese Welt ist begrenzt. Und
wir können den Weltfrieden weder herbeibeten noch durch unsere Handlungen
erreichen. Aber ein bisschen dazu beitragen das kann jede und das kann
jeder. Und was dann am Ende viel Gutes bewirkt haben wird, dass wissen wir
nicht.

Der Frieden kommt auf uns zu. Weihnachten kommt näher. Und was sein wird,
ist unbekannt. Aber eins wissen wir gewiss: es wird Weihnachten.

Und dann hören wir die Weihnachtsbotschaft der Engel:

Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.

So soll es sein. So sage ich AMEN

 

und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre unsere Herzen
und Sinn in Christus Jesus zum ewigen seligen Leben!