Apostelgeschichte 17, 22-28
Paulus aber stand mitten auf dem Areopag
und sprach: Ihr Männer von Athen, ich sehe, dass ihr die Götter
in allen Stücken sehr verehrt. 23 Ich bin
umhergegangen und habe eure Heiligtümer angesehen und fand einen
Altar, auf dem stand geschrieben: Dem unbekannten Gott. Nun
verkündige ich euch, was ihr unwissend verehrt. 24 Gott, der
die Welt gemacht hat und alles, was darin ist, er, der Herr des
Himmels und der Erde, wohnt nicht in Tempeln, die mit Händen
gemacht sind. 25 Auch lässt
er sich nicht von Menschenhänden dienen wie einer, der etwas
nötig hätte, da er doch selber jedermann Leben und Odem und
alles gibt26 Und er hat
aus einem Menschen das ganze Menschengeschlecht gemacht, damit
sie auf dem ganzen Erdboden wohnen, und er hat festgesetzt, wie
lange sie bestehen und in welchen Grenzen sie wohnen sollen, 27 damit sie
Gott suchen sollen, ob sie ihn wohl fühlen und finden könnten;
und fürwahr, er ist nicht ferne von einem jeden unter uns. 28 Denn in ihm
leben, weben und sind wir; wie auch einige Dichter bei euch
gesagt haben: Wir sind seines Geschlechts.
29 Da wir nun
göttlichen Geschlechts sind, sollen wir nicht meinen, die
Gottheit sei gleich den goldenen, silbernen und steinernen
Bildern, durch menschliche Kunst und Gedanken gemacht. 30 Zwar hat
Gott über die Zeit der Unwissenheit hinweggesehen; nun aber
gebietet er den Menschen, dass alle an allen Enden Buße tun. 31 Denn er hat
einen Tag festgesetzt, an dem er den Erdkreis richten will mit
Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, und hat
jedermann den Glauben angeboten, indem er ihn von den Toten
auferweckt hat32 Als sie von
der Auferstehung der Toten hörten, begannen die einen zu spotten;
die andern aber sprachen: Wir wollen dich darüber ein andermal
weiterhören. 33 So ging
Paulus von ihnen.
34 Einige
Männer schlossen sich ihm an und wurden gläubig; unter ihnen
war auch Dionysius, einer aus dem Rat, und eine Frau mit Namen
Damaris und andere mit ihnen.
Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und
ein Licht auf meinem Wege
Liebe Gemeinde!
Diese Geschichte hat mich schon immer angesprochen. Perfekte
Werbestrategie! Paulus geht durch Athen und guckt sich mit
offenem Blick an, wie die Menschen dort leben und was sie glauben,
wen sie verehren, woran sie ihr Herz hängen. Schon diese Haltung
des Paulus fasziniert mich. Wie oft gehe ich irgendwohin und habe
schon eine gefestigte Meinung zu dem, was mich dort erwartet. Vor
dem Besuch eines neuen Ortes informiere ich mich meist und ich
habe das alte und neue Wissen über diesen Ort im Kopf. Ich kann
nur schwer offen sein für das, was ich dort sehe. Was ich sehe,
vergleiche ich schnell mit meinem Vorwissen oder sollte
ich besser sagen: meinen Vorurteilen? Nicht nur bei fremden Orten,
auch bei fremden Menschen nehme ich es mir immer wieder vor: Ich
will offen sein für das, was ich erlebe. Ich kenne die
notwendigen Schritte dahin: Was weiß ich schon über diese Stadt
oder diesen Menschen? Was ist wirkliches Wissen oder was ist
vielleicht auch unwichtig für die erste Begegnung? Mein eigenes
Vor-Wissen kann ich dann an die Seite stellen, um offen für
Neues zu sein.
Wenn das gelingt das tut es ja nicht immer ist es
oft auch für mich bereichernd. Ich kann über eine mir
unbekannte Kultur staunen oder mich über Menschen freuen, die
mich überraschen können.
Mit einer solch offenen Haltung also geht Paulus also in die
Stadt Athen.
Er geht nicht mit der Haltung in die Stadt, dass die Menschen in
Athen sowieso Heiden sind, die nichts wissen wollen von Gott und
die keine Ahnung haben. Vielmehr sieht er, dass sie
offensichtlich verschiedene Götter verehren. Ein gläubiges Volk.
Ein Volk, das jedem Gott und jeder Göttin einen eigenen Tempel
baut.
Falls sie aber irgendeinen Gott vergessen haben sollten, den sie
noch nicht kennen, wird auch für den sicherheitshalber eine
Tempel gebaut und geweiht. Dem unbekannten Gott!
Paulus erkennt hier nicht nur eine große Frömmigkeit bei den
Menschen. Er erkennt auch, dass sie teilweise verunsichert sind.
Wenn es nun noch mehr Götter gibt? Wenn wir einen übersehen
oder vergessen haben was dann?!
Darauf baut er auf. Er schenkt den Menschen Sicherheit.
Was ihr nun, ohne es zu kennen, verehrt, das verkündige ich
euch. 24 Gott hat die Welt und alles in ihr gemacht, herrscht
über Himmel und Erde; Gott wohnt nicht in von Händen gemachten
Tempeln, 25 lässt sich auch nicht von Menschenhänden versorgen,
hat nichts nötig, gibt doch selbst allen Leben, Atem und alles.
26 Gott machte aus einem einzigen Menschen das gesamte
Menschengeschlecht, damit sie sich überall auf der Erde
aufhalten, bestimmte für ihren Aufenthalt festgesetzte Zeiten
und bestimmte, feste Grenzen. 27 So sollten sie suchen, ob sie
wohl Gott ertasteten und fänden; ist Gott doch nicht fern von
jeder und jedem von uns. 28 Denn in Gott leben wir, bewegen wir
uns und sind wir.
Und die Menschen hören ihm zu. Sie sind interessiert und
neugierig.
Aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Als Paulus von der
Auferstehung spricht, verspotten sie ihn oder vertrösten ihn.
Sie gehen. Nur wenige bleiben und wollen mehr hören.
34 Einige aber schlossen sich ihm an und kamen zum Glauben,
darunter auch Dionysius, ein Mitglied des Gerichts auf dem
Areopag, sowie eine Frau namens Damaris und weitere mit ihnen.
Warum bringt gerade die Rede von der Auferstehung Jesu die
Menschen dazu, zu spotten und sich abzuwenden? Alles andere
hören sie sich doch interessiert an.
Athen gehörte damals zum Römischen Reich. Im römischen Reich
war es gefährlich, an die Auferstehung zu glauben. Andere
Religionen wurden sowieso nicht gerne gesehen. Der Kaiser in Rom
war göttlich und wurde nach seinem Tod zum Gott erklärt. Dies
sollten die Menschen glauben. Auferstehung wurde nicht
grundsätzlich geleugnet. Wer aber an die Auferstehung Jesu
glaubte, schwächte damit die Macht der römischen Herrscher. Und
so waren nicht nur die Römer gegen diejenigen, die den
auferstandenen Christus anbeteten, sondern auch die Elite, die
reichen und einflussreichen Familien Athens. Nur in der
Zusammenarbeit und mit Billigung der römischen Besatzungsmacht
hatten auch sie Macht, Geld und Einfluss.
Wer an die Auferstehung glaubt, lässt sich nicht mehr ohne
weiteres unterdrücken. Wenn ich glaube, dass ich auferstehen
werde, fürchte ich den Tod nicht oder nicht so sehr. Wer den Tod
nicht fürchtet, kann nicht mit Androhung von Gewalt und Tod
bezwungen werden. Wer an die Auferstehung der Toten glaubt, nicht
nur an die Auferstehung Jesu Christi, hat ein ganz anderen, viel
umfassenderen Gerechtigkeitsbegriff als es für gehorsame
Untertanen im römischen Reich wünschenswert ist.
Wer sich also dazu bekannte, an den auferstandenen Jesus Christus
zu glauben, lief Gefahr, als Regierungsgegner und Terrorist
verfolgt zu werden.
Wenn nun also Paulus auf dem Aeropag von Gott und Jesus redet,
ist so lange alles gut und interessant, wie er nicht von
Auferstehung redet. Als er das tut, fangen die einen an zu
spotten. Sie versuchen, Paulus lächerlich zu machen, um sich
selbst nicht zu gefährden.
Andere sagen ihm er solle lieber aufhören und später weiter
reden wahrscheinlich in geschütztem Raum, wenn nicht
befürchtet werden muss, dass sie bespitzelt werden.
Der gute Werbestratege ist Paulus also vielleicht doch nicht? Er
wusste ja auch von der Gefahr. Er wurde schließlich selbst
verfolgt, verfolgte früher selbst diejenigen, die an den
auferstandenen Jesus Christus glaubten.
Warum redet er dann trotzdem vom Auferstandenen in aller
Öffentlichkeit?!
Ich denke mir, dass für ihn eben die Auferstehung ein zentraler
Punkt ist. Einerseits aus religiösen Gründen. Er glaubt
wirklich an den Auferstandenen, der ihm schon erschienen ist.
Andererseits wird er sehr wohl um die politische Bedeutung und um
die Gefahr gewusst haben, die er hier einging. Und doch redet er
von Auferstehung. Damit setzt er auch ein politisches Zeichen:
Ich lasse mich nicht von Euch einschüchtern! Mein Glaube
ist stark über jede Verfolgung hinweg!
Diejenigen, die sich ihm anschließen, Dionysius, Damaris und
weitere mit ihnen sie lassen sich auf diesen Glauben ein.
Sie schrecken nicht zurück vor der Gefahr. Dieser Gott
überzeugt sie. Vielmehr überzeugt Paulus sie von diesem Gott.
Ich halte ihn immer noch für einen guten Werbestrategen. Erst
freundlich gewinnen für das Produkt aber die Risiken und
Nebenwirkungen verschweigt er nicht. Wer sich ihm dann
anschließt, weiß, worauf er sich einlässt! Da wurde nichts
beschönigt. Die Andeutungen reichten den Menschen für eine
Ahnung davon, dass ihre Zukunft nicht nur einfach werden wird,
wenn sie Paulus folgen.
Und doch folgen ihm einige und kommen zum Glauben!
Beeindruckend! Nicht nur Paulus beeindruckt mich hier durch seine
Strategie, auf die Menschen zuzugehen. Auch Dionysius und Damaris
und einige weitere bleiben bei ihm, folgen ihm und glauben an
Gott, wie Paulus ihn verkündigt: im auferstandenen Christus.
Ob wir von Paulus lernen können? Ob wir von Dionysius und
Damaris lernen können?
Ich wünsche es mir. Aber so viel Gefahr liegt nicht mehr darin,
vom Auferstandenen zu reden. Heute riskieren wir nicht unser
Leben, wenn wir von der Auferstehung Jesu Christi sprechen.
Allenfalls riskieren wir, dass wir nicht mehr von allen ernst
genommen werden. Aber das ist mir dann hoffentlich
egal.
Öffentlich von meinem Glauben sprechen. Wie schön, dass das
heute hier möglich ist.
Öffentlich von meinem Glauben sprechen. Wie gut, dass das
nicht nur ich mache!
Öffentlich von Gott sprechen, das können nicht nur Paulus und
wir Pfarrerinnen und Pfarrer. Das können auch sie und sie und
sie
Amen.