1.Korinther 11,23-26
Ich habe von dem Herrn empfangen,
was ich euch
weitergegeben habe:
Der Herr Jesus, in der Nacht, da er
verraten ward,
nahm er das Brot, dankte und brach's und
sprach:
Das ist mein Leib, der für euch
gegeben wird;
das tut zu
meinem Gedächtnis.
Desgleichen nahm er auch den Kelch nach
dem Mahl und sprach:
Dieser Kelch ist der neue Bund in
meinem Blut;
das tut, sooft ihr daraus trinkt, zu
meinem Gedächtnis.
Denn sooft
ihr von diesem Brot esst und aus diesem Kelch trinkt, verkündigt
ihr den Tod des Herrn, bis er kommt.
Herr, segne unser Reden und Hören durch
deinen Heiligen Geist. Amen.
Liebe Gemeinde!
Erinnern zu meinem Gedächtnis...
In Erinnerung,
liebe Gemeinde, bleibt das, was
beeindruckt.
Wenn jemand etwas ganz Besonderes zu mir
sagt, wenn ich etwas Besonderes erlebe. Ein Augenblick, der
besonders schön oder einer, der besonders schlimm ist.
Das Besondere bleibt in Erinnerung.
So feiern wir Jahres- und Gedenktage. Wir
gedenken, erinnern uns, wir halten inne. Und der Blick geht
zurück.
Der Gründonnerstag ist ein Gedenktag,
ein ganz besonderer.
Wir halten inne, erinnern uns, wir
gedenken.
Tut das zu meinem Gedächtnis, hat
Jesus gesagt.
Sie sollten nicht reden, nicht belehren,
nicht nachforschen, sondern tun.
Tut das!
Und wir tun das.
Wir feiern Abendmahl und erinnern
uns.
Die Christenheit hat seit Jahrhunderten
diese Erinnerung in gleichbleibenden Worten bewahrt. So bewahrt,
dass sie bis heute zu sehen und zu schmecken ist.
Brot und Kelch sind geblieben. Etwas
anders als damals, liturgisch, speziell, teure vasa sacra statt
schlichtem Tongeschirr, aber dennoch: Brot und Kelch.
Und die Worte sind geblieben.
Es bleibt in Erinnerung. Nicht als
historisches Wissen sondern als Geschmack auf der Zunge, als
Gewissheit im Herzen: Wir sind in Jesus Christus miteinander
verbunden.
Tut das zu meinem Gedächtnis.
Wie auch immer es klang, was Jesus damals
gesagt hat in kehligem, weichem Aramäisch und wer
auch immer an jenem Abend tatsächlich mit ihm zu Tisch saß,
eines ist sicher: Sie erinnern sich schon damals. Sie feiern das
Passah-Mahl.
Sie sitzen zusammen mit Jesus und
erzählen sich vom Auszug aus Ägypten, sie feiern die Befreiung
Israels.
Und Jesus ist der Gastgeber. Aber diesmal
gibt der Gastgeber mehr als erwartet.
Er gibt ihnen in dem Altvertrauten etwas
Neues zu sehen und zu schmecken und zu schlucken.
Er gibt es ihnen, bevor er ihnen alles
nimmt. Bevor er sie verlässt.
Wenn alles vorbei sein wird, erinnert
euch, sagt er ihnen.
Das werden sie ewig in Erinnerung
behalten:
Tut das zu
meinem Gedächtnis.
Es sind wenig Worte, die fallen.
Immer weniger.
Damals wie heute.
Denn Worte versagen wohl letztlich.
Wenn alles zusammenfällt, bleiben
Klänge, Bilder, bleibt uns etwas zum Beißen, zum Schmecken und
Berühren.
So wird es Karfreitag werden.
Beinahe
wortlos.
Wenn Christenmenschen das Heilige
Abendmahl feiern, dann feiern sie es mit einem Bissen, einem
Schluck, mit einem Blick, einem Händedruck vielleicht...
Beinahe wortlos.
Weil Worte zu viel oder viel zu
wenig wären.
Die alte Liturgie gesungen,
gesprochen das sind gerade so viel, so wenig Worte, dass
wir sie erinnern können.
Heute am Gründonnerstag erinnern wir uns:
An ein Abschiedsmahl.
An ein Trostmahl.
An die Nacht in Jerusalem, bevor Jesus in
sein Leiden ging.
Erwarten bis er kommt...
Aber wir erinnern uns nicht nur, wir
schauen nicht nur auf das, was war.
Gründonnerstag ist keine Nostalgie. Ein
bisschen melancholisch ja. Aber vor allem erinnern wir uns
nach vorne.
Wir sind zusammen in Erwartung, in der
Hoffnung, in der Vorfreude.
Der Kreis um den Tisch des Herrn (oder:
am Tisch des Herrn) dieser Kreis ist in Wahrheit viel
weiter, als wir schauen können.
Er umfasst Vergangenes, Gegenwärtiges
und Zukünftiges.
Es ist ein
Kreis aus Brüdern und Schwestern von fremden, fernen Orten und
aus vergangenen Zeiten, ein Kreis, zu dem auch die Toten gehören
und die, die wir noch gar nicht kennen.
Ich habe von dem Herrn empfangen,
was ich euch weitergegeben habe.
Diese Worte aus dem Korintherbrief sind
die ältesten biblischen Abendmahlsworte, die es gibt und
sie erinnern an noch ältere Worte, aber wie alt sie auch sein
mögen, sie klingen und geschehen bis zum heutigen Tag.
Jesus gibt weiter, Paulus gibt weiter,
wir geben weiter.
Das Zusammenkommen, das Zusammensein mit
Jesus ist nicht abgeschlossen und die Gemeinschaft keine
geschlossene Gesellschaft. Das am allerwenigsten!
Paulus tritt immer leidenschaftlich
dafür ein, dass nur eine gemeinsame Mahlfeier ohne Ausgrenzungen
im Sinne Jesu ist.
Nicht geschlossen und nicht abgeschlossen.
Diese Feier
ist weiter und sie geht weiter, als wir es uns vorstellen können.
Erfahren
so oft ihr von diesem Brot esst
und aus diesem Kelch trinkt...
So reichen wir Brot und Kelch weiter.
Wir hören die Worte: Christus
für dich.
Und es spielt keine Rolle, welche
theologischen Formeln und Richtigkeiten dir vielleicht durch den
Kopf gehen und zu welcher Konfession du gehörst in diesem
Brot und in diesem Wein ist Christus für dich da.
Ohne Wenn und Aber.
Ohne: Erst wenn, dann.
Sondern Jetzt.
Geheimnis des Glaubens. Und das ist Teil
des Geheimnisses:
Das jetzt zu schmecken in Brot und Kelch.
Jesus hat mit den Jüngern Brot und Kelch
im Jetzt geteilt.
Diese Feier sollte schon damals kein
Erinnerungsstück an die gute alte Zeit sein.
Und auch kein Mahl auf Vorrat.
Diese Feier
braucht immer die Gegenwart, das Jetzt.
Denn sooft ihr von diesem Brot esst
und aus dem Kelch trinkt,
verkündigt ihr den Tod des Herrn,
bis er kommt,
schreibt Paulus.
Dieses Brot, dieser Kelch, unser Essen
und Trinken und Verkündigen es ist immer wieder neu im
Jetzt.
Immer wieder neu: Christus mitten unter
uns.
Diese Feier
schenkt Leben, denn das Leben ist jetzt.
So erinnern wir uns an das Leben, das
Gott für uns bereithält.
Auch durch Schmerz und Schrecken hindurch.
So gehen wir in den Karfreitag hinein.
Wir wissen, der Weg geht weiter.
Und so lange teilen wir Brot und Kelch
und feiern
zu seinem Gedächtnis.
Jetzt und bis er kommt.
Amen.
Gebet:
Jesus Christus,
an diesem Abend hast du uns
zusammengerufen.
Wir schauen auf dich und versammeln uns
an deinem Tisch.
Wir bitten dich:
Lass uns den Augenblick schmecken
und sehen: Du schenkst dich uns.
Herr, stärke und bewahre uns in dir.
Amen.